Skripal – Ausgang nach Couleur (wer braucht schon Fakten?)

Neue Wendung in der Skripal-Affäre – da wegen der Quarantäne, die über die Wohnung der Skripals verhängt wurde, dessen beiden Meerschweinchen verdursteten sowie dessen Katze wegen psychischer Störungen und Unterernährung eingeschläfert werden musste, hat sich Brigitte Bardot entschlossen, May und Boris zu verklagen. Von den zig Möglichkeiten, die die Skripal-Saga nehmen kann, ist diese im Augenblick meine Lieblingsvariante. Die Ironie an der Geschichte ist, dass die beiden erst beschlossen haben, das Strafmaß für Tierquälerei von 6 Monaten auf 5 Jahre zu erhöhen. Damit nicht genug – wenn man sie nach der Höchststrafe entließe, wäre aufgrund ihrer Abwesenheit das Vereinigte Königreich immer noch in der EU. Mehr Depression geht nun wirklich nicht. Ganz anders würde sich der Fall darstellen, wenn dank Akten, denen zu entnehmen ist, wie das Gift aussieht, das in einem ähnlichen Fall in den 90ern in Russland verwendet wurde, die britischen Wissenschaftler das Gift zweifelsfrei als russisches ausmachen könnten. Dann müsste sich der Kreml schon etwas Originelles einfallen lassen, um die Vorwürfe zu entkräften. Vermutlich entwickelt sich die Causa Skripal zu einem jener raren Fälle, denen wir nicht überdrüssig werden. Selbst deren Genesung (es soll ihnen nun wesentlich besser gehen) kann uns davon abbringen, den Schlagabtausch, den sich das Königreich und Russland liefern, zu verfolgen, denn es geht schließlich um die Glaubwürdigkeit des Westens, deren Regierungen sich nicht erlauben können, als Lügner entlarvt zu werden. Sollten sich nicht nachweisen lassen, dass die Russen verantwortlich sind, würde die EU einen hohen Preis für die Unterstützung der Briten zahlen – das Comeback der rechten Parteien, die, von Italien mal abgesehen, bei den jüngsten Wahlen nicht so viele Stimmen wie erhofft erzielt haben, wäre wohl nicht zu verhindern. Tritt das ein, können die Engländer schon mal auf einen harten Brexit einplanen. Sie wären dann endgültig bei den Europäern durch. Dann können sich May und Boris endlich völlig auf die Probleme ihres Landes konzentrieren, von denen es reichlich viele gibt, wie z. B. Messer-Attacken (diese Kolumne berichtet), die einfach nicht nachlassen wollen – innerhalb von 90 Minuten sollen in London 6 Jugendliche mit Messern („stabbed“) attackiert worden sein. Die Zeit hat sich des Themas auch angenommen – ein Volkswirt und Nachhaltigkeitswissenschaftler meint, alles sei nur eine Frage des Risikos, sprich je höher es ist, desto höher wird die Neigung, die Gefahr zu unterschätzen. Als Beispiel hat er den Straßenverkehr, in dem die Gefahr, geschädigt zu werden, weitaus größer ist, als von jemanden angegriffen und verletzt zu werden, angeführt. Das Problem ist nur, dass es den meisten ziemlich schwerfällt, sich vorzustellen, eine Messerangriff zu erleben. Und dann ist dann noch die Frage, wen es trifft. Im Augenblick scheinen hauptsächlich Jugendliche, die in einem Milieu leben, das jenen aus der Mittelschicht fremd ist, betroffen zu sein. Die müssten schon eine „March for Our Lives“- Bewegung zustande bringen, um gehört zu werden.

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