Schafft noch jemand, den richtigen Ton zu finden?

Was ist nur aus der einstmals stolzen katholischen Kirche geworden? Wegen ein paar hundert Demonstranten hat sie dem Kölner Dom den Strom in der Hoffnung ab geknipst, die Anhänger PEGIDAs mögen sich hier nicht mehr sehen lassen. Vielleicht funktioniert es. Wenn die Domherren Pech haben, ziehen am nächsten Montag wieder tausend Leute vor den Dom. Womöglich noch mit Fackeln. Das wäre zwar 19 Tage zu früh, um auf jenen verhängnisvollen Tages, der sich in diesem Jahr zum 82. Mal jährt, zu fallen (Gott sei Dank ist es ein Samstag). Nichtsdestoweniger würde jeder, der die Bilder jenes Abend im Kopf hat, an diesen erinnert werden. Hat die Kirche nicht mit dem Verdunkeln der Kathedrale ihr christliches Selbstverständnis, das besagt, jeden, sei er auch noch so schlimm, zu bekehren, in Frage gestellt? Wie soll das gehen, wenn der Platz vor dem Dom in Schwarz gehüllt ist. Dabei hatten die Vertreter der Diözese die Chance, die die Medien vermutlich nie bekommen werden – sie hätten mit den Protestierenden ins Gespräch kommen können. Keiner von denen hätte es gewagt, sie zurückzuweisen, geschweige denn sie brüsk zurechtzuweisen, wie sie es mit den Journalisten zu tun pflegen. Ist das die Kirche, die Papst Franziskus vorschwebt? Wohl kaum. Seine Vertreter sollen sich einmischen. Und den Leuten sagen, dass es falsch ist, sich PEGIDA anzuschließen bzw. deren Meinung zu erfragen. Politiker und Medien sind daran gescheitert. Vermutlich hatten sie auch gar nicht die Absicht, mit ihnen zu sprechen. Wenn Spiegelonline den Artikel über die gestrige Demonstration mit „Die Trotzigen von Dresden“ betitelt, heißt das, dass die Medien und Politiker alles getan haben, die Leute von der Sinnlosigkeit ihres Unterfangens zu überzeugen. Wer nun noch auf die Straße geht, gehört zu den Unbelehrbaren, denen nicht mehr zu helfen ist, das sie beratungsresistent sind. Arme Journalisten. Auch wenn sie ein Thema richtig darstellen, glaubt man ihnen nicht. Daran sind die nicht ganz unschuldig. Die teilweise penetrante Art und Weise, mit der sie die Demonstranten aufforderten, ihnen mitzuteilen, warum sie demonstrieren, ist nicht gut angekommen. Oftmals haben sie vergessen, dass die Leute nicht verpflichtet sind, ihnen Auskunft zu geben. (Die dachten wohl, sie hätten nur Facebooknutzer und Twitterer vor sich.) Und dann ist da noch das Problem der Ungleichbehandlung. Während man im eigenen Land schnell bei der Hand ist, Menschen als ausländerfeindlich zu bezeichnen (manche meinen sogar, viele seien Rassisten), hält man sich in der Beurteilung bestimmter Bewegungen im Ausland, die viel schlimmer agieren, vornehm zurück. Wenn Bandera-Anhänger in Kiew demonstrieren, ist nur von belang, dass Russland dies als Beweis, dass die Ukraine von Nazis regiert werden, ansieht. (Die Deutschen ließen Bandera nur aus Furcht vor der Rache seiner Untergrundarmee am Leben.) Ein ukrainischer Rechter, egal, wie viele Embleme, die ihn als Nazi-Anhänger ausweisen, er an seiner Uniform sowie auf seinem Helm angebracht hat, kommt immer besser weg als ein PEGIDA-Anhänger. Das ist höchst ungerecht.

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