„Lilo Herrmann“ gegen Paganini oder die Steigerung der Langeweile

Bis jetzt habe ich immer gedacht, der Musikunterricht, den ich genießen durfte, war schräg und recht abgehoben, aber wenn ich heute lese, ein Lehrer, der Schüler, die er nachsitzen ließ, dazu verdonnert habe, einen Aufsatz über Paganini zu schreiben, sei in zweiter Instanz freigesprochen worden, frage ich mich, was man über jemanden, der zu früh starb, um sich auf einer Schellackplatte zu verewigen, schreiben könnte. Wir hatten zwar „Lilo Herrmann“ (mir hat das Stück so gut gefallen, dass ich mich überhaupt nicht mehr an das Melodram – so wird es jedenfalls im Internet bezeichnet – erinnern kann), jedoch blieb uns der theoretische Unterricht erspart. (Da ich im Netz von „Lilo Herrmann“ keine Hörprobe auftreiben konnte, muss es vielen so wie mir ergangen sein – kongrade Amnesie nennt man das wohl.) Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass wir über jemanden gesprochen hätten, ohne dessen Werk oder dessen Interpretation zu hören. Leider eben auch „Lilo Herrmann“, das Hans Eisler komponiert hat. Was sollen die bedauernswerten Schüler nun zu Papier bringen? Sie können das wiedergeben, was sie gelesen oder gehört haben. Ob das der Sinn des Musikunterrichts ist, wage ich zu bezweifeln. Die Schüler sollen ihre eigenen Gedanke darlegen, nicht aber etwas nacherzählen, was sie sich angelesen haben. Wenn des in den anderen Fächern auch so dröge zugeht, finde ich es höchst erstaunlich, dass die Stunden noch recht gut besucht sind. Vermutlich muss es noch mehr Schulschwänzer geben, bis er Unterricht wieder interessanter wird. Heimunterricht ist da die viel bessere Variante. Goethe hat dieser jedenfalls nicht geschadet.

Auf Platz zwei kommt es an, jedenfalls in Frankreich, wo der Kandidat, der besagte Position bei einem Sieg Le Pens erreicht, gemäß der Auguren automatisch der nächster Staatspräsident sein wird. Wann sich die Drittelgesellschaft (eins unterstützt sie, die anderen beiden jede Person, der es in die zweite Runde schafft) auflöst, steht in den Sternen. Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob es für die Demokratie gut ist, wenn es bei den Wahlen nur darum geht, einen unliebsamen Anwärter vom Amt auszuschließen, denn schließlich hat der neue Mann gerade einmal 22 oder 23 Prozent der Wähler von seinem Programm überzeugen können. Die restlichen 40 wählen ihn, weil sie Le Pen nicht mögen. Nur wenn sich die Franzosen mal für einen Kommunisten entscheiden sollte, hätte Le Pens eine Chance, in den Elysee Palast einzuziehen. Aber immerhin ermöglicht diese Konstellation, dass sich Bewerber um jene, die mit dem Front National nichts am Hut haben, heftig streiten.

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