Kann man noch als Rentner Jude werden?

Diese Frage stellte ich mir gestern Nacht, und dank Wikipedia, das recht umfangreich über das Konvertieren informiert, weiß ich, dass es unter Umständen besser wäre, nicht so lange zu warten – um Jude zu werden, muss ich einen Rabbi finden, der mich über alles, was im Judentum wichtig ist, unterrichtet, was dieser leider nicht in einem Schnellkurs oder in einem, wie sie bei der Volkshochschule üblich sind, zu tun pflegt. Ein Jahr braucht er, um mir alles beizubringen. Gut, dass dazu gehört, an jüdischen Festen teilzunehmen, was ich mir als sehr interessant und lustig vorstelle. Wer den Staatsbürgertest kennt, weiß, dass es viel angenehmer ist, Deutscher zu sein als Deutscher zu werden, ich mich daher nicht wundern würden, wenn Juden sich über das Prozedere lustig machen würden. Am Ende müsste ich, wenn ich es richtig verstehe, noch eine Prüfung, der drei Rabbiner beiwohnen, bestehen. Sind die drei der Meinung, ich würde einen guten Juden abgeben, wäre ich meinem eigentlichen Ziel schon ein Stück näher – ich bräuchte dann nur noch Mitglied des Jüdischen Gemeinde in Berlin zu werden (vermutlich müsste ich in die Hauptstadt ziehen).

Da es mit dem Sterben nicht eilt, hat es noch ein wenig Zeit mit der Konvertierung. Ich hoffe, auch im hohen Alter noch lern- und begeisterungsfähig zu sein. Berlin ist ja auch recht teuer. Und das alles nur, um auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensse beigesetzt zu werden. Diesen Wunsch, dort liegen zu können, haben am Ende der Dokumentation „Im Himmel unter der Erde“, die Mittwoch spätabends auf Arte (wo auch sonst) lief, sicherlich viele gehabt. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, hat doch die Natur einen großen Teil des Gelände fest in ihrem Griff. Diese Wildnis macht den Friedhof anziehender und attraktiver. Wäre alles gepflegt, würde er, obwohl Halle wunderschöne Begräbnisstätten aufzuweisen hat, zwar immer noch prächtiger als sie die hiesigen aussehen, jedoch wäre er nicht mehr so interessant und reizvoll (einem Wiener, der sich in der Stadt an der Saale nicht gleich heimisch fühlt, rate ich, sich deren Friedhöfe anzuschauen).

Ist es wirklich die Absicht der Filmemacher gewesen, beim Zuschauer das Gefühl auszulösen, er müsse heute am schönsten sein? Die Juden haben ihn ja nicht freiwillig aufgegeben bzw. beschlossen, diesen nicht mehr zu pflegen. Die Deportationen der Juden in die Vernichtungslager und die Teilung der Stadt haben dessen Verwilderung verursacht. Es ist nicht so, dass dies im Film nicht erwähnt würde, jedoch hat keiner der Interviewten, was mir zugegebenermaßen erst im Nachhinein (beim Schreiben) bewusst wurde, gesagt, dass sie ein zwiespältiges Gefühl hätten. Mir scheint, die Macher haben bewusst nicht danach gefragt. Eine eigenartige Dokumentation. Leider hält Arte sie nur noch wenige Tage vor (eine dumme EU-Richtline).

PS: Es ist nicht so, dass ich etwas gegen Bestatter hätte. Die Handhabe, Begräbnisse nur vom Friedhof durchführen zu lassen (wie in Weißensee), gefällt mir ausgesprochen gut.

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