Jetzt ist Rommel dran

Lt. Duden ist es erlaubt, eine Person, die sich in Geschichte auskennt, als geschichtsbewusst zu bezeichnen, für jemanden, dessen Interessen zur Manie geworden ist, haben die Noch-Manheimer leider kein passendes Wort parat. Man kann zwar machtbesessen sein, jedoch nicht geschichtsbesessen. Es ist noch nicht einmal möglich, nach fünf Krisenjahren, alle jene, die immer noch dafür kämpfen, die „Märkten“ nicht zu reglementieren, die Markteilnehmer also weiterhin nach deren Gutdünken schalten und walten zu lassen, als marktbesessen zu bezeichnen. Der Duden verbietet dies. Da die Deutschen, ähnlich einem Quartalstrinker, immer nur schubweise süchtig nach Geschichte sind, hat das Wort „geschichtsbesessen“ erst recht keine Chance, ins ehrwürdige Nachschlagewerk aufgenommen zu werden. Vermutlich wären die Aussichten besser, wenn die Sucht in regelmäßigen Abständen auftreten würde. Das tut sie aber nicht.

Darum ist es schwer, zu ergründen, warum die Deutschen zur Zeit wieder danach lechzen, mit Geschichte berieselt zu werden. „Der Turm“ (dieser Blog verfolgte die ersten zehn Minuten des Zweiteilers) hat ja phänomenale Einschaltquoten aufzuweisen. Ähnlich gut, wenn nicht noch höher, wird jene des Films über Rommel, den die ARD am Donnerstag nach der Tagesschau ausstrahlt, sein. Der Spiegel macht heute mit dem wohl berühmtesten deutschen Feldmarschall auf, was manchen veranlassen wird, sich zu fragen, ob die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten sich beim Hamburger Magazin eingekauft haben.

Schon wegen Hitler – ob man in Braunau über die Ankündigung, der Führer werde von einem Schauspieler verkörpert, der aus dieser Gegend stamme, begeistert ist, wage ich zu bezweifeln – habe ich mir fest vorgenommen, zu gucken. Da nur ein echter Ostfriese einen Ostfriesen oder einen echter Bayer einen Bayern spielen kann, muss jemand, der aus der Umgebung des Geburtsortes Hitlers kommt, dessen Charakterzüge, Dialekt, Sprachmelodie und Timbre besonders gut herausstellen, darum die Meldung bzw. die Besetzungswahl den Eindruck erweckt, den authentischsten Film-Hitler, den je die Welt zu sehen bekam, erleben zu können. Irgendwie peinlich? Keineswegs, denn die ARD wirbt nicht mit ihm. Interessant ist das auch nur für jene, die unbedingt wissen wollen, wie Hitlers Tonlage war, wenn er keine Massenrede hielt oder einen Wutanfall hatte (es existiert nur eine Aufnahme, in er ruhig wirkt – ein Mitschnitt eines Gesprächs, das er mit dem Finnen Mannerheim führte).

Und Rommel? Der Film spielt 1944. Militärisch spricht nur gegen ihn, auf Heimaturlaub gewesen zu sein – es wurde schlechtes Wetter, das eine Landung unmöglich erschienen ließ, vorhergesagt –, als die Invasion begann. Hätte er das Kommando gehabt, wären viel höherer Verluste, vermutlich nicht nur bei den Alliierten, zu beklagen gewesen. Über dessen Rolle beim Attentat auf Hitler ist nicht viel bekannt. Niemand weiß etwas genaues. Ich bin gespannt, wenn wir das sehen werden. Turkur spielt den schwäbelnden Generalfeldmarschall (so richtig kann ich mir das nicht vorstellen).

Welcher (berühmter) Deutscher kommt als nächster dran? Ich weiß es nicht. Vermutlich wäre es ganz gut, würden ARD und ZDF die Zuschauer darüber abstimmen lassen, wessen Leben als nächstes verfilmt werden soll. Mir fällt es schwer, jemanden vorzuschlagen. Wenn ich schon keinen nennen kann, so fällt mir wenigstens ein Zitat, das erst neulich wieder zu lesen war, ein – Peter Lorres Satz „Für zwei Mörder wie Hitler und mich ist in Deutschland kein Platz“.

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