Fast schon zu spät

Wenn eine archaische Organisation sich einer antiquierten Methode, von der zum letzten Mal vor rund 100 Jahren die Generäle dachten, mit ihr lasse sich der Krieg gewinnen, bedient, wäre es nur zu schön, wenn sich damit unsere Einschätzung, dass sie mit moderner Kriegstechnik nichts anzufangen wissen, bestätigen würde. Es reicht, wenn sie über Youtube Videos, die so schaurig sind, dass viele nicht anders können, als sie anklicken, ins Netz stellen. Was wäre das für ein Albtraum, wenn sie auch wüssten, wie man eine Rakete lenkt oder einen Kampfjet fliegt. Leider Gottes sind sie mit ihrer Uralt-Kampagne jedoch so erfolgreich, dass ich den Wunsch verspüre, sie auf Kreuz zu legen, was aber nicht ganz billig ist – ich hätte richtig Lust, in der Zeitung zu inserieren, „Multikultureller Bergmann (Experte im Stollenbau), der Ende des Jahres seinen Job verliert, sucht neue Herausforderung. Arbeite auch in Damaskus und Aleppo.“ (Da die deutschen Medien den Konflikt außer Acht lassen, braucht niemand zu fürchten, dass ein Annoncenverkäufer misstrauisch werden oder ihn gar womöglich noch an einen der vielen Geheim- und Sicherheitsdienste ausliefern könnte. Die sind froh, ein Inserat an den Mann gebracht zu haben. Dennoch war früher war alles besser – da wusste man immer, wen man zu erwarten hat.)

Mineure, deren Job es ist, Tunnel zu graben, um an deren Ende Kisten voller Sprengstoff zu stapeln, der aus einem uneinnehmbaren Festungswerk ein Trümmerfeld macht, werden gesucht, und zwar vom Kalifat, dessen Taktik darin besteht, sich unter der Front hindurch zu graben, um hinter den Linien Häuser in die Luft zu jagen. Die Truppen Assads wiederum graben Tunnel, in denen Horchposten versuchen, die Gräber zu orten. Im 1. Weltkrieg war dies gang und gäbe. Nur eben nicht in den Städten, sondern einer Front, die schwer befestigt war. Angesichts dieser Kriegsführung ist es nicht übertrieben, zu sagen, der Konflikt in Syrien ist der erbittertste seit dem 2. Weltkrieg. Nirgendwo sonst haben sich die Parteien derart hart und unnachgiebig bekämpft. Angesichts dieser Informationen sowie der Bilder von Städten, die nur noch aus Schutt und Asche zu bestehen scheinen, ist Russland keine Minute zu früh in den Krieg eingestiegen. Es steht außer Zweifel, dass Assads Regime spätestens am Ende des Jahres kollabiert wäre, hätten die Russen nicht eingegriffen. Die Luftschläge haben den Vormarsch des ISs erst einmal stoppen können. Die große Frage ist, ob es ihm mit Hilfe russischer Unterstützung gelingt, den Stellungskrieg in den Städten zu beenden. Dieser zermürbt die Moral der Menschen. Gelingt das nicht, wird die Bevölkerung keinen Sinn mehr darin sehen, IS Widerstand zu leisten. Am Ende wird Russland sich noch mit Bodentruppen beteiligen. Und diese durch das Land „rommeln“ lassen. Die Devise kann nur heißen, so viele wie möglich einzuschließen. Kessel, aus denen keiner mehr herauskommt. Vielleicht machen ja die Amerikaner dabei mit.

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