Ernüchterung – Bayern Abi auf Erfolg getrimmt, Osten quält sich

Es gibt viele schlimme Dinge, die einem Blogger widerfahren können. Dank der SZ ist heute ein weiteres Übel hinzugekommen – hoffentlich kommen die Experten Dorgerlohs, der Kultusminister Sachen-Anhalts ist, nicht auf die Idee, in einer Abiturprüfung die Schüler mit einem meiner Texte zu malträtieren. Damit niemand denkt, ich wäre Größenwahnsinnig geworden, gebe ich, bescheiden wie ich bin, eilfertig zu, nie im Leben daran zu glauben, dass dies der Fall sein könnte. Aber gesetzt den Fall, sie wählten einen, würde ich, wenn sie meine Erlaubnis bräuchten, ihnen diese nicht geben. Sollte meine Zustimmung nicht notwendig sein, bliebe mir nichts anderes übrig, als auf meinem Blog zu erklären, dass ich nicht die Prüfungsfragen gestellt habe – meine Kolumnen werden nicht erörtert, sondern man setzt sich mit ihnen auseinander, ja es ist sogar erlaubt, diese zu verreißen. Ob Friedrich Christian Delius, über dessen Redeauszug „Der Reichtum Europas“ bayerische Schüler heuer schreiben durften, genauso denkt, kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass das bayerische Abitur das strengste und härteste der Republik, vermutlich gar ganz Europas, sein soll. So recht glaube ich das nicht mehr. Während in Sachsen-Anhalt selbst die guten Schüler meinten, Mathe sei zu schwer gewesen, und Thüringen es fertig gebracht hat, in Physik eine Aufgabe zu stellen, die aufgrund fehlender Vorgaben nicht beantworten war (wir gut, dass den Prüfungserstellern der Fehler schon gestern Abend auffiel), haben die Bayern das richtig clever gemacht – sie stellten den Schülern ein Thema, von dem sie wussten, es würde ihre Schützlinge herausfordern. Die Facebook- und Twittergeneration kann nicht „dumm“ in Sachen Kunst und Literatur sein. Da ist Widerspruch angesagt. Ein wirklich schöne Wahl hat das Kultusministerium getroffen. Allen, die sich beim Lesen der Aufgaben an den sprachlichen Mitteln, die es herauszufinden gilt, stören sollten, würde ich erlauben, zur Bestimmung dieser das Internet zu nutzen – selbst für diesen Fall hat das Netz eine Seite in petto. Was ein Metapher ist, weiß ich ja noch. Aber was ist eine Anapher? Das mit den sprachlichen Mitteln stellt sich doch als schrecklich formale Angelegenheit heraus, zumal wenn es sich um einen Text handelt, dem die Spritzigkeit fehlt. Der Mann kommt fast ohne Übertreibung aus. Ironie und Witz habe ich im vorliegenden Abschnitt der Rede ebenfalls vermisst. Egal. Sehr bedauerlich finde ich es, dass ich kein Aufsatzthema aus den Zeiten, als Margot Honecker persönlich entschied, was drankommen soll, gefunden habe. Ein Vergleich wäre zu schön gewesen. Ich bilde mir ein, sowohl in der Auswahl (aus vier Themen konnte man wählen) als auch beim Thema selbst mehr Freiheit gehabt zu haben. Die Aufgabenstellungen waren, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, weiter gefasst. Irgendwie auch konkreter. Vielleicht findet sich ja noch ein Aufgabenblatt im Netz.

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