Ein Limit, von dem niemand weiß, wie es wirkt

Was tun, wenn klar ist, dass man ein Ziel nicht wird erreichen können? Nun, man setzt sich eines, was noch viel ambitionierter ist als jenes, von dem man geglaubt hat, es zu erfüllen würde den meisten Menschen ein einigermaßen erträgliches Leben ermöglichen – laut dem Willen aller Staaten soll die Temperatur nicht um 2 Grad, sondern nur um 1,5 Grad Celsius steigen. Was sich im ersten Augenblick als verrückt anhört, ist ein Geniestreich Fabius‘, der mit diesem Vertrag bzw. dessen Folgen es geschafft hat, Talleyrand als berühmtesten Außenminister Frankreichs abzulösen. Dessen Vermächtnis liegt hauptsächlich darin, so geschickt und gewieft die Ziele seines Landes vertreten zu haben, dass weder die Republik noch Kaiser und König umhin kamen, auf ihn zu verzichten. Zwar beschränkte sich sein Einfluss nur auf Europa, jedoch war er immer Herr der Lage, während Fabius in die Geschichte als jener Mann, der den Vertretern aller Staaten ein Versprechen abgerungen hat, auf dessen Einlösung die Menschen drängen, eingehen wird – wer glaubt schon, dass die Neugestaltung der Welt reibungslos und friedlich, wie Politiker und Medien es prophezeien, vonstatten gehen wird? So schön es auch ist, dass die Menschheit zum ersten Mal den Entschluss gefasst hat, sich sich bzgl. der Ausbeutung der Ressourcen de Erde Fesseln anzulegen, so groß ist das Gefahrenpotential, das von dieser Askese, der man sich wohl oder übel unterziehen muss, ausgeht. Am Sonntag hat die Zeitbombe zu ticken angefangen. Natürlich ist das keine herkömmliche Bombe – wenn alles gut läuft, bleibt sie stehen, ohne das etwas passiert. Daran kann ich aber so recht nicht glauben, denn lt. Guardian ist der Marathonlauf, an dessen Ende, vorausgesetzt, wir bleiben unter drei Stunden (das Motto Teilnahme ist alles gilt ausnahmsweise einmal nicht), alles so wie geplant umgesetzt worden ist, schon im vollem Gange. Da keiner den Startschuss vernommen hat, wird die Bombe irgendwann wohl zu zig anderen mutieren. Und das ist auch gut so – ohne die Vorgabe könnten jene Länder, die relativ glimpflich davonkommen werden (ausnahmslos Industrieländer), die eventuelle Proteste kurzerhand ignorieren. Das ist nun nicht mehr so einfach möglich. Mit dem neuen Limit sind Szenarien, an die niemand zu wagen glaubte, möglich. Müssen stolze Chelsea-Traktoren Besitzer auf ihre Fahrzeuge verzichten? Welche Autos dürfen noch gebaut werden? Werden Staaten, die ihre Ziele verfehlen, bestraft? Erklärt man ihnen gar den Krieg? Wird es Öko-Terroristen geben? (Durchaus vorstellbar, dass einige meinen, die Erwärmung mit dem Sprengen von Tankstellen zu stoppen.) Die Schreckensliste ließe sich beliebig fortsetzen. Für viele eingefleischte Anhänger des freien Marktes wäre es schon ein Horror, wenn angesichts der niedrigen Ölpreise die Regierung beschließen sollte, Sprit höher zu besteuern. Heute ginge ein Aufschrei durch das Land. Nach drei noch nie dagewesenen Hitzesommern, in denen es im Auto dank der Klimaanlage am angenehmsten war, könnte die Stimmung kippen (aber nur ein wenig). Dank der Saudis, die sich in den Kopf gesetzt haben, den Ölpreis niedrig zu halten, bleibt billiges Benzin die einzig feste Größe. Hat Fabius überhaupt eine Vorstellung, welches Potential in den Vereinbarungen stecken könnte?

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert