Ein Albtraum („Elysium“)

Machen die Reichen, wenn es Nacht in Los Angeles wird, auf „Elysium“ das Licht aus? Es hieße, auf Komfort zu verzichten, was völlig ausgeschlossen ist, schließlich sind in den Weltraum gezogen, weil es sich dort wesentlich angenehmer Leben lässt sowie viel sicherer ist. Angesichts der Arroganz und Brutalität, mit der sie über jene, die auf der Erde zurückbleiben mussten, herrschen, kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen. Vermutlich ist, als das Weltraumghetto entworfen wurde, jemand auf die Idee gekommen, die Station, die, so mein Eindruck, ständig über Hollywood schwebt (sie wäre dann 35.830 km von der Erde entfernt), mit einem Schirm, der nachts das Refugium in Dunkel hüllt, auszustatten. Es reicht, wenn die Einwohner der Stadt das Riesenrad mit 4 Speichen am tage (sofern die Sonne scheint) ausmachen können. Fern, aber nahe genug, um daran erinnert zu werden, wer das Sagen hat. Hellerleuchtet würde es die Menschen nur zum Ungehorsam anstacheln. Dann wäre es nur noch eine Frage von Tagen, bis die Revolution ausbrechen würde. Die können sie auf „Elysium“ überhaupt nicht gebrauchen.

So tröstlich es auch sein mag, zu erfahren, dass die Reichen auch im Jahr 2154 nicht uneingeschränkt zeigen können, wie reich sie sind – ich hätte das sich drehende Gebilde gerne nachts aus der Perspektive eines Los Angelessers gesehen. Und wie muss sich erst der Regisseur (Neill Blomkamp) darüber geärgert haben, aus dramaturgischen Gründen keine prickelnden Bilder aus der Erdperspektive zeigen zu können. Es ging wohl nicht. Vermutlich hätte ihm niemand abgenommen, dass sich die Menschen mit dieser Situation abfinden, sich in ihr Schicksal fügen. Jeder ist damit beschäftigt, über die Runden zu kommen. Niemand begehrt auf. Gegen einen computergesteuerten Polizeistaat, der Androiden als Polizisten einsetzt, hat der einzelne keine Chance. „Elysium“ kann sich daher leisten, LA zur Dritten Welt Metropole verkommen zu lassen. Der Moloch schlechthin. Ihr bleibt nur, auf die Apokalypse zu warten.

Menschen aber haben immer Hoffnung. Die stirbt nie. Ist ihr Leben in Gefahr, entwickeln sie ungeahnte Kräfte. So auch Max DeCosta (Matt Damon). Ein Unfall zwingt ihn, Dinge zu tun, die er unter normalen Umständen nie getan hätte. Leider gehört DeCosta zu denen, die bereits als Helden geboren wurden. Der ein wenig kitschige Anfang vermittelt etwas anderes. Und Damon versucht auch, „unbedarft“ zu wirken, um beim Zuschauer Zweifel aufkommen zu lassen. Die habe ich jedoch nie gehabt. Selbst als ich nicht wegen wackliger und milchiger Bilder einem Kampf nicht ganz folgen konnte, bin ich cool geblieben. Ein bisschen mehr Gary Grant (der konnte das wirklich gut) hätte es schon sein können.

DeCostas Gegenspielerin ist Madame Delacourt (Jodie Foster). Während sich die Welt völlig verändert hat, schaffen es die Französinnen, makellos zu bleiben – Madame ist klug, beredt, zielstrebig, machtbewusst und immer schick angezogen. Im Jahr 2154 kann man in Hosenanzügen keinen Staat mehr machen. Das ist gut so. Foster spielt glänzend. Eiskalt und berechnend. Sie ist so gut, dass ich mich zwei oder drei Mal dabei ertappte, ihr, was politisch völlig unkorrekt ist, ein fähigeres Personal zu wünschen. Als Verteidigungsministerien „Elysiums“ ist sie auf besagte Androiden angewiesen. Ein zweifelhafter Agent hilft ihr. Ihr Computerspezialist überschätzt sich völlig. Und dann hat sie auch noch Pech.

Was ist noch staunenswert? Nun, es gibt keine Handys mehr. Keiner telefoniert. Niemand twittert. Apple ist vermutlich pleite. Dafür existiert noch ein Medium, das viele heute bereits für tot halten – das Fernsehen.

So futuristisch, wie es den Anschein hat, ist der Film dann eben doch nicht.

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