Die Hölle ist dort, wo man sie nicht erwartet, wie „10 Cloverfield Lane“ zeigt

Hoffen wir, dass der Plan der Redakteure extra 3s, die Erdogan nur zum Mitarbeiter des Monats ernannt haben, weil sie glauben, es könnte sich im Laufe des Jahres noch jemand finden, der ihm ebenbürtig ist, ja unter Umständen ihn sogar noch übertrifft, aufgeht. Eigentlich hätten sie ihn heute schon zu ihrem Mann des Jahres erklären können. Aber wer würde dann noch Mitarbeiter des Monats werden wollen? Die Topstelle wäre besetzt. Wer würde dann noch den Ehrgeiz aufbringen, ihn unter allen Umständen übertreffen zu wollen? Natürlich niemand, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass ihm jemand den Rang streitig macht, ohne es zu wollen. Dass in dieser Woche auch ein Film angelaufen ist, denn ich schon jetzt zum Film des Jahres erklären würde, ist natürlich reiner Zufall. „10 Cloverfield Lane“ heißt der Meister-Thriller, der sich dadurch auszeichnet, dass niemanden erzählt werden darf, was sich während der 105 Minuten abspielt. Spiegelonline und unsere Regionalzeitung haben sich daran gehalten – beide rezensieren das Werk erst gar nicht. Die Redakteurin der NYT hat gleich im ersten Satz geschrieben, man solle ihren Artikel nur lesen, wenn man den Film gesehen hat. Wenn es nicht so viel Arbeit machen würde, noch einen Artikel, in dem ich ausführlich auf den Inhalt eingehe, zu schreiben, hätte ich jenen, die mir schriftlich versprechen, sich nicht Cloverfield anzusehen, angeboten, Auskunft zu geben (die hätten von mir einen Newsletter bekommen). Aber leider fehlt mir dafür die Zeit. Ließe der Film sich mit einem Zahlencode beschreiben, würde dank Trachtenbergs Idee, jeden Protagonisten mit zwei Schreckensszenarien zu plagen, diese Zahl am häufigsten vorkommen, zumal den Zuschauern das gleiche Schicksal beschieden ist. Der entscheidende Punkt ist, dass es nur ein Szenario gibt, vor dem sich alle fürchten. Jeder hat also seine individuelle Horrorvorstellung, die es unbedingt zu vermeiden gilt. Bei einer Person wächst ist diese Vorstellung derart an, dass sie das gemeinsame Szenario sucht, um dieser zu entkommen. Genau daraus resultiert die Spannung des Films, denn das erlaubt dem Regisseur, das Monströse nur andeuten zu müssen, was Zuschauern meiner Generation sehr entgegenkommt – nicht irgendwelche Effekte und Superstunts sorgen für Nervenkitzel, sondern die Schauspieler höchstselbst, allen voran John Goodman, den ich immer mit Fred Feuerstein in Verbindung bringe, ohne jedoch ihn dieser Rolle gesehen zu haben. Zumindest bilde ich mir ein, ihn als Flintstone nicht zu kennen. Vielleicht bin ich deshalb so begeistert über den Film, weil ich gar nicht mehr damit gerechnet habe, dass ein junger Regisseur in der Lage sein könnte, einen dialoglastigen Thriller zu drehen, der sich mit jenen, die Hitchcock aus dem Ärmel zu schütteln pflegte, messen kann.

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