Die Demokratie siegt

Dass Amerika es besser habe, wissen wir dank Goethe, dessen Namen nur in einem Filmtitel zu erscheinen braucht, um zig tausende stolze Poesiealbenbesitzer in die Kinos zu locken, schon lange, dass diese Woche auch England an uns vorbeigezogen ist, kommt völlig überraschend, denn niemand hat einen Oppositionsführer erwartet, der dem Premierminister Fragen stellt, die das Volk beantwortet haben will. Ich finde es eine schöne Sache, die Regierung mit Problemen, mit denen viele zu kämpfen haben, zu belästigen. Natürlich hat die Sache auch einen Haken – es gibt derart viele Problemfragen, dass jene, die ausgefallenere Sorgen und Nöte haben, keine Chance haben, diese im Unterhaus vorzubringen. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. „Mein Hund guckt gerne Nachrichten. Immer, wenn er Frau Merkel sieht, heult er wie der Hund von Baskerville in einem Sherlock Holmes Film. Was kann ich tun?“ Auf den ersten Blick scheint es, als würde Merkel damit unwiderruflich in der Bredouille sitzen. Da der Satz, wer zuletzt lacht, der lacht am besten, gilt, würde der schlaue Gysi sie nicht stellen, denn immerhin könnte sie mit der Antwort „Seien Sie froh, dass er nicht Ihren Fernseher ableckt, wenn er mich sieht“ richtig gut punkten. Selbst der Trick, das Allgemeinwissen der Kanzlerin mit der Nennung seines Namens („Laika“, „Blondie“) zu testen, würde dann keinen Wissen mehr machen. Diese Runde ginge an sie.

Wie so viele zuvor. Sie hat es sogar geschafft, „Mutter Angela“ zu werden, was mir fast entgangen wäre, da ich, als ich das Cover zum ersten Mal gesehen habe, dachte, der Spiegel habe sie zu einem Indianerhäuptling ernannt. Nach ein paar Sekunden hat sich dann die Erkenntnis durchgesetzt, einem Trugbild aufgesessen zu sein. Der Gedanke, Merkel könnte in ein Wigwam ziehen, um Flüchtlingen zu ermöglichen, ihre Wohnung und ihr Büro zu nutzen, hat natürlich etwas. Wenn dann noch aus den Lautsprechern Heinos Lied (ich habe noch nie von einem Indianer gehört, der Wagner hört, selbst bei Karl May nicht) tönt, ist die Idylle perfekt. (Leider habe ich nur diese Version auftreiben können. Es scheint, als ob er mit seinem Ansinnen, seine Songs auf Youtube für Deutsche zu sperren, seine Sünden wiedergutmachen will.) Ehre, wem Ehre gebührt – die Designer des Spiegels haben aus einer Evangelistin eine Katholikin gemacht. Katholischer geht es wirklich nicht mehr. Die Realität sieht leider anders aus – der katholische Süden rebelliert gegen den evangelischen Norden. Der Ausgang ist höchst ungewiss. Deutschland, das noch vor wenigen Monaten, als es darum ging, Syriza in die Knie zu zwingen, alle hinter sich gehabt hat, steht heute ziemlich alleine da. Selbst Länder, die auf Multikulti mächtig stolz sind (Holland, Schweden), halten sich merklich zurück. Vermutlich nehmen sie Flüchtlinge auf, jedoch vermeiden deren Regierungschefs es tunlichst, Merkel zu unterstützen. Die Zeiten, in denen Deutschland schalten und walten konnte, sind vorbei, „Mutter Angela“ demnach ihren Zenit überschritten hätte. Selbst wenn die Flüchtlinge aufgeteilt werden würden, bliebe noch ein bitterer Nachgeschmack, da kaum jemand in die Länder, die sich weigern, ziehen möchte. Geht das so wie bisher weiter, ist der Balkan
bald wieder ein Pulverfass.

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