Buchmesse nur noch für Kenner?

Lässt sich aus dem Ranking des Blauen Sofas, das Sahra Wagenknechts heute um 20:00 Uhr auf Position eins führt, ableiten, dass es der deutschen Literatur schlecht gehen müsse? Augen zu und durch, liebe Literaturfreunde, denn sie hat bspw. keinen autobiographischen Roman mit dem Titel „Wie ich Oskar kennenlernte“ geschrieben, sondern ein Buch über ein Thema verfasst, über das ich dachte, dessen würde sich niemand mehr annehmen, da wir, wie gerade im Kulturzeit-Special zu sehen, vollauf damit beschäftigt sind, uns den Flüchtlingen zu widmen. Totgesagte leben eben länger. Dass ausgerechnet Merkel, die Multikulti für tot erklärt hat, dank ihrer Großzügigkeit dazu beigetragen hat, dem Konzept vom Vielvölkergemisch neues Leben einzuhauchen, fällt unter die Rubrik „Ironie der Geschichte“. Wagenknecht Buch hat mit Multikulti insoweit etwas zu tun, dass die AFD am letzten Sonntag in keinem der drei Parlamenten wohl die 5% Hürde gemeistert hätte, wäre der Titel, den sie für ihr Buch gewählt hat, bereits Realität – „Reichtum für alle“ heißt es. Da sie sich nicht darüber zu beklagen braucht, niemand würde sie zum Polittalk bitten oder sie im Radio interviewen, bin ich ein wenig erstaunt, sie an der Spitze zu sehen, schließlich sind deswegen ihre Thesen vielen Menschen hin reichlich bekannt. Fehlen dem Land etwa die Großschriftsteller? Wenn mich jemand zur Buchmesse einladen würde, wäre meine erste Frage, ob Hochhuth dort lesen werde. Nicht dass ich dessen Teilnahme zur Bedingung für einen Besuch machen würde. Meine Erwartungshaltung wäre nur wesentlich höher, wenn er auftreten würde. Ohne ihn wäre es für mich eine Fahrt ins Ungewisse, von der ich glaube, sie habe keine Abenteuer parat. Vermutlich liege ich falsch. Vermutlich gibt zuhauf Großschriftsteller, die aber jene, die sich Wagenknechts Interview angeschaut haben, nicht kennen.

Wer geglaubt hat, niemand würde mehr auf die Kanzlerin hören, sah sich heute eines Besseren belehrt – Merkel schwingt wieder das Zepter. Die Oberlehrerin hat die Klasse fest im Griff (bei 27 Staaten, über die sie herrscht, halte ich es für unangebracht, sie „Mutti“ zu nennen). Sie hat ihren Plan umgesetzt, jedoch die Chance, Europa zu einen, vertan (der Blog berichtete). Statt sich direkt der Flüchtlinge vor Ort anzunehmen, überlässt Merkel den Türken die Versorgung der Flüchtlinge. Eine europäischen Organisation damit zu beauftragen, die Hilfe im Nahen Osten zu koordinieren, wäre der bessere Weg gewesen. Da hätten die Europäer seit langem endlich wieder mit einem Projekt, auf dass sie stolz sein können, aufwarten können. Merkels Politik macht Europa kleiner als es ist. Und da sie sich im SchleichFernsehen darauf freuen, bald wieder an der Grenze die Ausweise zeigen zu dürfen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis viele meinen, es würde auch ohne Schengen gehen.

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