„Brigitte“ weiß, wo der Bartel den Most herholt

Frauen haben es besser – ihnen steht mit „Brigitte“ nicht nur eine Zeitschrift, die mächtiger als alle Männermagazine zusammen ist, zur Verfügung, nein, sie haben auch eine, die nur sie verstehen können, daher auch Männer, die versucht haben, „Brigitte“ zu lesen, wissen, dass nicht nur Bürger aus dem Ausland in Parallelgesellschaften leben können, sondern jene mehr als 500.000 Frauen, die „Brigitte“ kaufen, sich in eine Welt flüchten können, die Männern immer fremd sein wird. Aber solange Frauen die Frage, nach welchem Rezept sie das Essen zubereitet haben (keine Frage, es schmeckt super), mit dem Satz, „Brigitte“ habe es in ihrer neuesten Ausgabe drin gehabt, beantworten, wird sich kaum ein Mann daran stören. Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen.

Sollte eine „Brigitte“-Leserin mal etwas kochen, was nur ihren Mann zwingt, den Nachmittag auf der Toilette zu verbringen, wird kaum jemand darauf kommen, dass „Brigitte“ ein Rezept, mit dem Frauen, aus welchen Gründen auch immer, Rache üben können, vorgeschlagen haben könnte. Eine Anleitung, wie man sich selbst schützen könne, stände drunter. Für den Fall, dass doch mal Männer in der Zeitschrift blättern (reine Vorsichtsmaßnahme), würde das besagte Gegenmittel auf dem Kopf stehen. Natürlich würde kein Mann auf die Idee kommen, „Brigitte“ zu drehen. Warum auch (Spiegelschrift würde Verdacht erregen). Soweit wird es hoffentlich nicht kommen. Dennoch finde ich es befremdlich, dass „Brigitte“ die Männer außen vor lässt. Wenn Männermagazine das andere Geschlecht genauso geringschätzig behandeln würden, gäbe es sie gar nicht mehr.

Klar, dass Journalisten, die für die Allgemeinheit schreiben, sich über „Brigitte“ lustig machen. Als vor wenigen Tagen eines Vertreterin des Münchener Oberlandesgerichts verkündete, „Brigitte“ dürfe vom Prozess gegen Tschäpe berichten, konnten sich die anwesenden Journalisten nicht mehr vor Lachen halten. Vorgestern ist ihnen aber der Spott vergangen – da hat „Brigitte“ nämlich die Kanzlerin dazu gebracht, aus sich herauszugehen. Nun ja, ganz offenbart hat sie sich nicht. Nur ein kleines Stückchen hat sie von sich preisgegeben. Das hat aber schon gereicht, um von der Presse als witzig und schlagfertig eingeschätzt zu werden. Die anwesenden Frauen, ob jung oder alt, waren jedenfalls begeistert (bei Brisant). Leider gibt es kein Video von der Veranstaltung. Darum blieb mir nichts anderes übrig, als das Interview zu lesen. Die Redaktion hätte gut daran, zu vermerken, an welchen Stellen die Frauen Merkels Humor genossen bzw. glaubten, ihn entdeckt zu haben. Wie haben die beiden Superjournalistinnen das nur gemacht? Ein Video würde da weiterhelfen. Geschickt war, sich so zu kleiden, wie es Merkel zu tun pflegt. Das schafft Vertrauen.

Inhaltlich fand ich nur eine Aussage interessiert. Sie sagte, als Kind habe sie immer das Gefühl gehabt, zu wenig Most (Apfel- und Kirschmost) bekommen zu haben. Seit gestern (das las ich das Interview) überlege, ob ich als Kind irgendetwas vermisst habe. Mir fällt nichts ein. Nicht einmal die obligatorischen Bananen, nach denen sich angeblich jeder DDR-Bürger sehnte, müssen mir gefehlt haben. Vermutlich sind Jungs anspruchsloser als Mädchen. Wie es bei deutschen Journalisten üblich ist (Frauen machen da keine Ausnahme, was ich sehr bedaure), hat keine der beiden sie gefragt, ob es dafür eine Erklärung gebe. So toll war die Veranstaltung dann eben doch nicht.

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