Bleibt Bond immer derselbe?

Hurra, der Anachronismus lebt, wenn auch nur 148 Minuten lang, denn nie hat je ein Bond sich so sehr vom Zeitgeist entfernt wie der in „Spectre“, was ihn für viele, die den neuen Errungenschaften, die sich vor 15 Jahren kaum jemand vorstellen konnte, nichts abgewinnen können, noch sympathischer macht, während jene, die keines der Supergadgets missen möchten, voller Bewunderung sich fragen, wie der Mann das nur alles ohne sie schafft. Keine Bange – James ist nicht zu einem technophoben Superagenten mutiert. Statt seine Zeit mit einem Handy oder gar Tablet zu vertrödeln, widmet er sich lieber Geräten, die alle zu beherrschen bisher ausschließlich den Mitgliedern königlicher Familien vorbehalten gewesen ist. Frei nach der berühmten Tabakreklame (Feuer, Pfeife, Stanwell) heißt Bonds Motto Auto, Helikopter, Flugzeug – wer mit ihnen umgehen sowie sich ihrer bedienen kann, auch wenn er dazu nicht berechtigt ist, hat einfach mehr Spaß als ein Normalbürger, der darauf hoffen muss, mittels Smartphone über Uber jemanden zu finden, mit dem er die Verfolgung aufnehmen kann. So ganz von dieser Welt hat sich Regisseur Mendes aber doch nicht getraut, Bond darzustellen – während einer rasanten Verfolgungsfahrt darf er die Freisprechanlage nutzen. Der Charakter ist ja schon immer elitär gewesen, jedoch war es nie so offensichtlich. Ich bin gespannt, ob die Generation, die keine 5 Minuten ohne ihr Handy auskommt, an diesem Relikt aus einer Welt, die sie nicht erlebt hat, Gefallen finden wird. Und dann ist noch die Frage, wie viel Hochkultur die Menschen vertragen. (Im Gegensatz zu Obama weiß Bond, wie man ein Sektglas hält. Mein Eindruck ist, dass sich die Zuschauer nach solchen Gestalten sehnen.) Wer in Bond einen Kämpfer für geregelte und störungsfreie Feierabende sieht, wird sich ohnehin für ihn begeistern. Bedauerlich ist nur, dass der Bösewicht unter seinen Möglichkeiten geblieben ist. Waltz wirkt gehemmt, ist nicht so zynisch wie sonst und zeigt nur wenig Statur. Damit bleibt Fröbe das Maß aller deutschen Schurken – man braucht nur dessen „Mister Bond“ mit Waltz‘ „Kuckuck“ zu vergleichen. Die Sprachmelodien sprechen Bände, die eine ist voller Elan und Schwung, während die andere nur aus Misstönen besteht.

PS: Fast hätte ich vergessen, zu erwähnen, dass in keinen Bondfilm wird mehr gesprochen als in diesem. Erstaunlicherweise fallen die Worte, die ihn berühmt gemacht haben und daher in jedem Film zu hören sind, nur einmal, und das auch noch in einer höchst ungewöhnlichen Situation. Das Abschneiden alter Zöpfe ist angesagt – so werden die Geräten, mit denen sich Bond bei Q einzudecken pflegt, nur am Rande erwähnt.

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