Biermann Konzert

Sollten Churchills Worte “Wer mit 20 Jahren kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer mit 30 Jahren noch Kommunist ist, hat keinen Verstand!“ – nur seine „wäre ich Ihr Mann“ Replik dürfte bekannter sein – stimmen, muss Biermann, als er 1976 sein legendäres Konzert gab, bereits vor 10 Jahren diesen verloren haben. Und nichts hat darauf hingedeutet, dass er die Absicht hatte, ihn wiederzuerlangen, jedenfalls nicht, als ich geschaut habe. Und ich habe immerhin bis 1:00 Uhr morgens vorm Fernseher gesessen, somit 135 Minuten – selbst die teuersten Blockbuster sind kürzer – seines legendären Konzerts, dessen Wiederholung erst um 2:20 Uhr zu Ende ging, gesehen. So sehr ich begrüße, dass sich der RBB entschlossen hat, sein Konzert zu zeigen (dem MDR würde das nicht einmal im Traum einfallen), so sehr bedaure ich, dass der Sender sich hat nicht entschließen können, seinen Programmablauf umzukrempeln, was hieße, das Konzert bereits nach der Tagesschau auszustrahlen. Nichtsdestoweniger hat es Spaß gemacht, ihm zuzuhören. Erstaunlich, mit welcher Lässigkeit und Selbstverständlichkeit er, der noch nie ein Konzert vor so vielen Leuten, mehr als 7000 waren gekommen, gegeben hatte, sich auf der Bühne präsentierte. Locker und intelligent plauderte er mit dem Publikum. Die hörten ihm auch zu. Auch (vermutlich vor allem) weil Biermann den Eindruck vermittelte, er habe alle Zeit der Welt. Nichts brachte ihn aus der Ruhe. Da stellt sich unwillkürlich die Frage, wer auf die idiotische Idee gekommen ist, ihn wegen seiner dezenten Kritik, die er an den Zuständen in der DDR übte, auszubürgern. Ich kann mich des Eindrucks nicht verwehren, dass seine Ansichten, Stichwort 17. Juni (teils von ehemaligen Nazis organisiert), Berufsverbote, soziale Sicherheit etc., konservativen Bürgerlichen suspekt gewesen sein müssen, ja denen lieferte er am 13.11.1976 viel mehr Gründe, ihn nicht zu mögen, als den SED-Oberen. Vermutlich hätte nicht einmal die SPD ihn nach dem Ende des Konzerts aufgenommen, wäre ihm da der Gedanke gekommen, einzutreten. Dass alles ganz anders kam bzw. er doch noch “klug“ wurde, verdankt er eingefleischten und bornierten “Kommunisten“. Je mehr Zeit vergeht, desto weniger wird man verstehen, warum er rausgeworfen wurde.

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