Bald zu alt für den Krieg (ein Glück)

Eine der angenehmen Seiten der Wiedervereinigung war, dass jeder, der in der NVA, egal ob 18 Monate oder länger, diente, sich sicher sein konnte, nie mehr eine Waffe in der Hand halten zu müssen – aus Angst, wir könnten ihnen die Geräte kaputt machen, hat der Bund nämlich darauf verzichtet, gut ausgebildete, durchtrainierte und Entbehrungen gewohnte NVA-Reservisten zu Übungen einzuberufen. (Die sowjetische Technik verzieh jeden Bedienungsfehler. Das hatte den Vorteil, dass sich niemand vor dem Einsatz drücken konnte. Die Ausrede, man könne nicht mitmachen, da das Gewehr defekt sei, gab es nicht.) Das war natürlich diskriminierend. Der Grundsatz der Gleichbehandlung wurde völlig missachtet. Nichtsdestoweniger hat sich niemand darüber öffentlich beschwert. Vermutlich hätte er vor Gericht das Recht, als Reservist an einem Manöver teilnehmen zu dürfen, einklagen müssen.

Seit Freitag ist alles anders. Und ausgerechnet ein Ostdeutscher, der zu allem Überfluss nie bei der NVA war, ist dafür verantwortlich. Gauck will, dass die Deutschen wieder in den Krieg ziehen, und zwar unter Aufsicht der NATO bzw. der UNO. Zwar ist Mehrheit dagegen, sich an einer von der internationalen Gemeinschaft befürworteten Strafexpeditionen zu beteiligen. Aber wie lange noch? Die Medien werden nicht aufhören, für eine Beteiligung zu werben. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich eine Mehrheit, die nichts dagegen hat, wenn deutsche Soldaten an Auslandseinsätzen teilnehmen, gefunden hat. Dann hilft nur, darauf zu hoffen, dass die Deutschen keinen allzu großen Ehrgeiz beim Führen der Kriege entwickeln. Mit dem Essen kommt bekanntlich ja der Appetit. Hoffentlich wird es kein unersättlicher.

Vorsichtshalber habe ich schon mal geguckt, ob ich mich noch der Bund greifen könnte. Zu meiner großen Erleichterung sieht es gut für mich aus. Voraussetzung ist, dass Politiker und Militärs es schaffen, in den nächsten 10 Jahre ohne eine allgemeine Mobilmachung auszukommen, sie also darauf verzichten, gegen einen Gegner, der ebenso stark wie Deutschland ist, ins Feld zu ziehen. Im Augenblick kann ich mir dieses Szenario nur schwer vorstellen. Aber da ein Verteidigungsminister mal gesagt hat, Deutschlands Freiheit werde am Hindukusch verteidigt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass wir irgendwann mal gezwungen sein könnten, unsere Heimat im Ural zu verteidigen, was natürlich höchst unangenehm wäre. Selbst die Aussicht, mit meinen Rang (Unteroffizier nach knapp einmonatiger Ausbildung – das ist Rekordzeit) nach Russland ziehen zu dürfen, würde keine Begeisterung auslösen. Womöglich würde mich dann noch die Wahnvorstellung, Gauck könnte als Feldprediger mir Trost spenden, wenn ich schwer verwundet im Lazarett liege, übermannen. Das wäre der absolute Horror. Dieser Alptraum würde mich mein ganzes Leben verfolgen. Diese Vermutlich würde mich verrückt machen.

PS: Wer „Die Anstalt“ verpasst hat, sollte sich die unbedingt in der Mediathek des ZDFs ansehen. Bissige Sketche. Viel Informatives (wie Asylantragsabwicklung). Gute Pointen. Besser kann man nicht starten. Ich hoffe, die Besetzung bleibt zusammen.

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