Adieu Traktoristin, die Buren kommen

Die sowjetische Traktoristin ist tot, lang lebe die russische Traktoristin, die jede Aufmunterung gut gebrauchen kann, da es sich bei ihr vermutlich um eine Spezies, die von Aussterben bedroht ist, handelt, denn im Gegensatz zu den Monarchien, die von den Revolutionen verschont geblieben sind, gehört sie zu den Opfern eines rasanten Wandels, den sie mangels Gelegenheit leider nicht zu ihren Gunsten beeinflussen konnte. Das war in den Anfangsjahren der Sowjetunion, als die Traktoristin als Symbol für eine gelebte Gleichberechtigung galt, noch ganz anders – da hatten die Kommunisten, wohl eher zufällig als gewollt, für die Frauen einen Beruf gefunden, der für jene auf dem Lande idealer sie nicht sein konnte, bot die Arbeit auf dem Trecker ihnen nun die Chance, nicht nur ihre rückständigen Ehemänner, von denen viele dem Alkohol zugeneigt waren, für ein paar Stunden los zu werden, sondern sich auch mit der neuesten Technik vertraut zu machen sowie zu lernen, wie es ist, Macht auszuüben. (Angesichts der Weite der Felder muss sich bei vielen Traktoristinnen ein russisches Route 66 Gefühl eingestellt haben.) Ein Traumberuf, der sogar Stoff für eine Musik-Komödie, in deren Hauptdarstellerin die Zuschauer eine weltberühmte Traktoristin sahen, bot. Statt tümplicher Kolchosis hat sie es, wie es mir scheint, aber nur Beaus mit zu tun, gegen die sich selbst Johannes Hesters, der eher den Typ des Großgrundbesitzers verkörpert, schwer getan hätte (stimmlich hätte es wohl auch nicht für eine Rolle gereicht). Wie gut, dass die Traktoristinnen dieser Epoche nicht erleben müssen, wie schlecht es um ihren Berufsstand bestellt ist, denn statt sich ihrer zu bedienen, sieht sich Russland gezwungen, Fremde ins Land zu holen, so wie es Katarina, die die Deutschen an die Wolga lockte, schon getan hat. Statt Schwaben und Sachsen sollen es nun die Buren richten. Von den 15.000, die angeblich Südafrika verlassen wollen, um sich in Russland, speziell erst einmal in der Gegend um Stawropal (alleine schon der Name „Stadt des Kreuzes“ spricht dafür, dass sie sich in der Gegend sehr wohl fühlen werden) ein neues Leben aufzubauen, sollen 50 schon da sein. Gelingt denen der Einstieg, werden noch mehr um politisches Asyl bitten, das die Russen ihnen aufgrund der Vorteile, die sie aus deren Anwesenheit ziehen, nur allzu bereitwillig gewähren, halten doch die Neubürger lästige Investoren, die angesichts des Klimawandels nach Flächen lechzen, die einen hohen Ertrag versprechen, davon ab, sich des Bodens Russlands zu bemächtigen. Während den Buren wegen der viele Morde und Übergriffe Asyl gewährt wird, müsste ein deutscher Bauer um Aufnahmen wegen der globalen Erwärmung, die es ihm nahezu unmöglich macht, weiter seinen Beruf auszuüben, bitten. Ob das den einen oder anderen Bauern im Osten, das besonders unter der jetzigen Dürre leidet (in der Uckermark ist die längst schon Realität), veranlasst, sein Glück in Russland zu suchen, wird man sehen. Bauer sucht Frau fahndet dann nach deutschen Traktoristinnen, die bereit sind, in der russischen Steppe die riesigen Trecker mittels russischen GPS zu lenken. Der Berufsstand der Traktoristin wäre gerettet. Ein schöneres Happyend kann es gar nicht geben.

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