Abgefahrener Klamauk

Als gestern bei der Eröffnung der Biennale nach einem Filmausschnitt, in dem Depardieu sich über das Land kutschieren ließ, Anke Engelke, die durch das Programm fügte, sagte, er müsse nun im Auto sitzen, da die ihn Flugzeuge nicht mehr mitnehmen würden, waren alle Zweifel verflogen, auch wenn der Engelke nur mich und den Mann, der als einziger im Saal losbrüllte, zum Lachen gebracht haben sollte. Sie hat etwas geschafft, wofür sich die Akteure in Deadpool 108 Minuten vergeblich abgerackert haben. Ich will den Protagonisten keinen Vorwurf machen – Action und Humor bekomme ich einfach nicht unter einen Hut. Entweder das eine. Oder das andere. Vermutlich liegt das daran, dass ich mich zu sehr konzentriere, um ja nichts etwas zu verpassen. Nichtsdestotrotz habe ich mich köstlich amüsiert (im Stillen sozusagen), denn während des Sehens bricht unbarmherzig das Kind im Manne durch, wogegen anzukämpfen völlig sinnlos ist. Wer als Kind Cowboy und Indianer oder Räuber und Gendarm gespielt hat, ist besonders gefährdet. Deadpool, der dank einer Mutation, für die er schwer kämpfen musste, eigentlich nicht sterben kann (wegen der unkalkulierbaren Nebenwirkungen dieser Tortur ist davon abzuraten), hat mehr Spaß am Töten als ich. Vermutlich hatte ich nicht die richtigen Spielkameraden. Vielleicht lag es am Outfit. Deadpools roter Ganzkörperanzug, der keinen Millimeter unbedeckt lässt (selbst die Augen sind verdeckt), ist ein absoluter Hingucker. Wenn jemand diesen Aufzug trägt, wissen die Leute sofort, dass er liebend gerne die Hälfte der Stadt auslöschen würde, wenn er könnte. Mit welch anderer Kleidung bekommt man diese Assoziation hin? Da ich diese Woche zweimal Frau von der Leyen erlebt habe, würde ich dieses Kostüm als Signal dafür, dass Deadpool sich nicht mit ausweichenden Antworten zufrieden gibt, tragen, wenn man mich in eine Talkshow, an der sie teilnimmt, einlüde. (Deadpool mit ein wenig Bauch – das hat was.) Fast noch besser als Deadpool hat mir Peter Rasputin (Colossus), der im Gegensatz zu seinem berühmten Vorfahren, der der Zarenfamilie viel Ärger eingebracht hat, äußerst züchtig lebt, gefallen. Diese Seele von Mensch glaubt immer an das Gute in ihnen. Fairness geht ihm über alles. Für einen Comic-Laien wie mich ist es ziemlich schwierig, sich in diesem Figuren-Gewirr zurechtzufinden. Zum Glück belässt der Regisseur es bei wenigen Gestalten (vielleicht gibt es auch nicht mehr). Wenn der Film eine Botschaft hat, dann die, dass amerikanischer Klamauk wesentlich bekömmlicher und niveauvoller als deutscher ist. „Deadpool“ ist an keiner Stelle ordinär. Für einen deutschen Film dieses Genres ist das nicht selbstverständlich.

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