Es mag anmaßend klingen, aber da ich nicht weiß, ob die Personen, die auserkoren sind, zu entscheiden, wer den Oskar gewinnt, meine Kolumne lesen (meine Texte stellen Google sicherlich nicht vor allzu große Probleme), bin ich froh, ich in letzter Sekunde noch auf die Idee gekommen zu sein, mir die ersten Sekunden der Filmbesprechung des Guardians anzusehen bzw. anzuhören – nun weiß ich, dass Tom Hanks allerbeste Chancen hat, den Preis zu gewinnen. Das heißt nicht, dass der deutsche Synchronsprecher schwach wäre. Dessen Stimme könnte nur markanter sein. Da aller guten Dinge drei (in diesem Fall wohl vier) sind, halte ich es für nicht ausgeschlossen, dass der Film bei der nächsten Verleihung richtig absahnt. Zum einen wegen Mark Rylance, der Abel zu einem der ausgebufftesten und coolsten Spione, die der Film je hervorgebracht hat, macht. Und das ohne sich eines der vielen Klischees, das wir über Agenten haben, zu bedienen – er ist kränklich, unsportlich, uneitel, bescheiden, pflichtbewusst. Wenn es diesen Mann nicht gegeben hätte, wäre die Vermutung, er müsse die Antwort der Russen auf Bond sein, nicht von der Hand zu weisen. Wenigstens ähnelt er wenig Colombo, jedoch ist er nicht so aufdringlich wie er, was für ihn sicherlich ein früheres Aus zur Folge gehabt hätte. Ein Typ, den nur der KGB oder der Mossad hervorbringen kann. Wer nun denkt, Spielberg lässt beide aufeinander los, irrt sich – statt eines tödlichen Duells bilden beide eine Gemeinschaft. Kluge Männer streiten sich nicht, wenn sie wissen, dass sie aufeinander angewiesen sind. Langweilig wird es trotzdem nicht – Abels Festnahme ist purer Kinogenuss (Pflicht für jeden, der eine Agentenschule besucht). Und dann hat Donovan (Hanks) einige Auseinandersetzungen zu bestehen. Nebenbei erzählt Spielberg, wie Powers es geschafft hat, aus dem fliegenden Sarg namens U-2 auszusteigen (schier Unmögliches hat sich in 17.000 Fuß abgespielt). Später erfahren wir noch von einem amerikanischen Studenten, der in Berlin unfreiwillig eingemauert wurde. Dass Spielberg und die Coen-Brüder mein Wissen über die Situation, die während des Mauerbaus herrschte, erweitern würden, hätte ich mir nie Träumen lassen. Von Banden, die den Osten der Stadt unsicher machten, habe ich nie gehört (Wiki führt nur die Glatzkopfbande an). Dann hätte ich nie gedacht, dass der Ostteil immer noch schwer zerstört war (unsere schöne Stalinallee haben sie einfach übersehen). Gewöhnungsbedürftig auch die Charaktere – Vogel, über den die Gefangenenaustausche und Häftlingsfreikäufe gelaufen sind, kommt schlecht weg. Ein Parvenü wie er im Buche steht. Wäre er noch am Leben, müssten die Produzenten dessen Klagen fürchten. Daneben tritt noch ein Generalstaatsanwalt Ott, dessen Darbietung ziemlich dürftig ist, auf. Warum hat niemand den Drehbuchautoren empfohlen, Donovan zu Hilde Benjamin zu schicken? Eine knallharte Stalinistin hätte dem Film noch mehr Pep gegeben.
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