In letzter Not einem typischen Musiker-Schicksal entronnen

Vorletztes Mal war es nur eine Viertelstunde, gestern dank der unerwarteten Entscheidung des Veranstalters, aufs Vorprogramm zu verzichten, hat es sich zu einer halben Stunden summiert – irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich es bald schaffe, zur Vorstellung zu erscheinen, wenn die ersten aus eben dieser kommen. Vor 20 Jahren, als die Filme im Schnitt 90 Minuten lang waren, hätte ich glattweg umkehren können. Heutzutage bleibt mir immerhin diese Zeit noch, ich mir, um mich nicht darüber zu ärgern, den Anfang verpasst zu haben, also nur einreden muss, in eine Zeitschleife geraten zu sein. Angesichts der üblen Angewohnheit der öffentlich-rechtlichen Sender, die guten Filme vor 24:00 Uhr nicht auszustrahlen, hat das Zuspätkommen den Vorteil, sich auf dessen Ausstrahlung freuen zu können. Dass „Love & Mercy“ zu dieser Sendezeit verdammt ist, liegt einzig allein an dessen Machart – ein Film aus der Musikszene, in der die Werke der Protagonisten nur eine untergeordnete Rolle spielen, was sicherlich höchst selten ist. Statt deren Topsongs rauf und runter zu nudeln, hat Regisseur Bill Pohlad nur einen eingebaut, nämlich „Good Vibrations“. (Wem es nicht wie mir ergehen will, der als Laie während des Films angestrengt überlegt hat, welche Hits die „Beach Boys“ gelandet haben könnten, sollte unbedingt vorher deren Lieder hören. Zu allem Unglück hat mich noch der Gedanke geplagt, wie eine andere Band, von der ich glaubte, sie würden ihnen ähneln, heißen könnte. Später stellte sich heraus, dass ich die Bee Gees suchte. Die Mühe, herauszufinden, ob deren Sound dem der Jungs aus Kalifornien ähnelt, habe ich mir bis jetzt jedoch nicht gemacht.)

Dadurch kommen deren Fans, die mit der Musik bestens vertraut sind, sowie uneingeweihte (wie eben ich), die womöglich noch deren Lieder überhaupt nicht mögen, gleichermaßen auf ihre Kosten. Es geht um das Schicksal eines Genies (Brian Wilson, dem, wie ich erfahren habe, Kopf der Band), der nicht ganz unberechtigt im Film als Mozart bezeichnet wird. Während der Salzburger immer Herr über sich selbst war, gerät Wilson unter die Fittiche eines skrupellosen Psychiaters, der nur daran interessiert ist, dessen Talent und Ansehen unbarmherzig und ohne Rücksicht auf dessen Gesundheit in bare Münze zu verwandeln. Es braucht nicht viel Phantasie, sich vorzustellen, selbst einmal in eine ähnliche Situation zu geraten – andere entscheiden anhand ihres Nutzens, was gut und richtig für dich ist. Cusack und Dano, jeder in seinem Part gleichermaßen brillant, teilen sich den Brian. Banks spielt eine Frau, die sich in den psychisch kranken Brain verliebt. Und dann ist da noch Paul Giamatti, dessen Aufgabe in „Cosmopolis“ es war, Packer zu richten (immer noch einer meiner Lieblingsfilme aus jüngster Zeit). Diesmal mimt er einen unglaublich fiesen Psychiater, der sich bestens darauf versteht, seine Umgebung einzuschüchtern.

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