Wenn es nur bei Karl May geblieben wäre

Als ich glaubte, das Jahr 2016 muss alles ertragbar Schlechte schon abgeladen haben, hat es noch einmal zugeschlagen – erst stürzte ein russisches Flugzeug ab, dann verstarb George Michael, dem dann Carrie Fisher heute folgte. Angesichts dieser Hiobsbotschaften hätte ich nichts dagegen, wenn ich schon morgen die schönste Zeit des Jahres mit meinen Neujahresgrüßen (weil ich keine Zeit hatte, eine Weihnachtskarte zu suchen, gibt es zwei im neuen Jahr) beenden könnte. Dabei stand mindestens seit der Ankündigung RTLs, Winnetou über die Feiertage ausstrahlen zu wollen, fest, dass dieses Fest als äußerst schwierig werden würde. Jedenfalls für jene, die Karl May mögen. Da ich komplett am Sonntag durchgehalten habe, kann es nicht so schlimm wie befürchtet gewesen sein. Das einzige Problem, was ich hatte, war, mir ständig ausreden zu müssen, dass heute nicht der 1. May sei. Gesegnet waren jene, die ihre Lichterkette am Tannenbaum auf volle Leistung gestellt hatten – ein Blick auf das Leuchtmonster hat jeden Zweifel sofort im Keim erstickt. So viel Revolutionäres hat nicht einmal das DDR-Fernsehen geboten. Fast hatte ich den Eindruck, Karl May, der nie über Dresden hinausgekommen ist, hat es bei RTL (wie auch im Roman) nach Amerika geschafft, muss alle Werke von Karl Marx gelesen haben. (Vielleicht macht in einer nächsten Verfilmung Old Shatterhand Winnetou mit dessen Werken – „Manifest“, „Kapital“ – bekannt. Gern bin ich bereit, das Drehbuch zu schreiben.) Dessen Gerechtigkeitssinn ist wirklich beeindruckend. Ein nicht minder faszinierender Charakterzug ist dessen Humorlosigkeit (wer es schafft, in jeder Situation ernst zu bleiben, scheint es im Leben leichter zu haben.). Niemand taucht auf, über den man schmunzeln, geschweige denn lachen könnte. Selbst bei einer Beerdigung geht es lustiger als bei Winnetou zu. Dass angesichts der Bedeutung des Alexandrow-Ensembles, von denen fast die Hälfte der Mitglieder im Flugzeug, das vor Sotschi abstürzte, saß, für die Russen kein Staatstrauertag „verhängt“ zu werden braucht, war wohl nur dem ZDF-Reporter, der davon sprach, Putin habe einen solchen für Montag verhängt, nicht klar. (Zählt das nicht als Fake-News?) Die Katastrophe von München, bei der 8 Spieler Manus umkamen, kommt mir da in den Sinn. Ein Jahrzehnt hat der Verein gebraucht, um die Spieler zu ersetzen bzw. den Europapokal zu holen. Dem Können des Chors verdanken es die Russen, dass viele Ostdeutsche sie mit anderen Augen betrachteten. Deren Aufgabe war es, ihnen den Hass zu nehmen sowie deren Vorurteile abzubauen. Auf Wiki ist zu lesen, der Chor habe Ende der 40er fast in jeder größeren Stadt Konzerte gegeben. Die Videos („Kalinka“, „Suliko“, „Wolgatreidler“) zeigen, warum die Leute zu ihren Auftritten strömten.

PS: Nach jüngsten Meldungen sollen die Piloten versucht haben, auf dem Meer zu notzuwassern. Leider ohne Erfolg, was wohl an der fehlenden Sicht lag.

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