Gisela May – sie war zu speziell für diese Welt

Noch ist nicht aller Tage Abend, und in der Tat, wer sucht, der findet einen akzeptablen Nachruf über der Gisela May, die heute verstorben ist, im Netz. Fast war ich drauf und dran, zu vermuten, sie habe die Biermann Resolution nicht unterschrieben. Es ehrt den Deutschlandfunk, dass er ihr trotz der fehlenden Unterschrift (ich lag gar nicht so schlecht) einen längeren Artikel gewidmet hat. In der DDR war sie eine Ikone, die das Pech hatte, dass ihr die Welt des Pops verwehrt blieb – weg von Brecht/Weil, hin zu etwas Gängigerem, so in der Art „Für mich soll‘s rote Rosen regnen“. Es ist wohl eine Ironie der Geschichte, dass sie nicht im Arbeiter und Bauern Staat, sondern im Kapitalismus zur Volksschauspielerin, die ihre Partner locker an die Wand spielte, wurde. In der DDR galt sie als elitär, ja ich glaube sogar, dass sie als die elitärste Chansonnière in die Geschichte des Chansons eingehen wird. Wer den Sozialismus will, muss sich fragen, wie er ihm dessen Strenge nehmen kann. Angesichts eines Wirkungsbereichs, für den sich die Masse bis heute nicht sonderlich interessiert, sowie des Umstands, dass Brecht in der DDR eine größere Rolle als im Westen gespielt hat, ist es nicht verwunderlich, dass die Medien ihr nur 3 bis 4 Absätze widmen. Als absoluter Nachrufefreak wäre es natürlich toll, zu lesen, was der Guardian über sie schreibt. (Ich glaube, ich habe schon einmal erwähnt, dass die Engländer sind absolute Könner im Verfassen von Nachrufen sind.) Der über Esche ist sogar länger als jene des DLFs heute.
Statt milder Temperaturen klirrende Kälte – Kuba muss ohne ihn auskommen. Heute hat Putin sich mit dem japanischen Außenminister getroffen sowie in seiner Heimatstadt eine Umgehungsstraße eröffnet, die spektakulärer nicht sein kann, so dass ich aus Sorge, deutsche Bauingenieure könnten, wenn sie auf den Link klinken, in Depressionen verfallen, die Seite erst gar nicht habe vorstellen wollen (heute war in der Tagesschau davon die Rede, dass aufgrund der Untergrunds Stuttgart 21 immer eine Baustelle bleiben werde). Zu allem Überdruss verliert die Stadt wegen des Projekts nicht ihren Weltkulturerbetitel. (Vielleicht hätte ich die Dresdner auch warnen sollen.) Immerhin geht 46 Kilometer an der Ostsee entlang. Trotz des getrübten Blicks auf die See kann Petersburg seinen Titel behalten. Vielmehr erhofft man sich, dass wegen des zu erwartenden geringeren Verkehrs in der Innenstadt die alten Gebäude besser erhalten werden können. Immerhin gehören 15 Prozent der Fläche der Stadt zum Erbe. Putin will Kuba doch nicht eintauschen. Was bin ich froh, dass meine letzte Kolumne eine Ente war.

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