Unser Oberbürgermeister hat wieder zugeschlagen

„Hat’s den Papst gestört, dass Luther kam?“ (Harald Schmidt) Natürlich nicht – deshalb versuche ich, herauszufinden, was unseren Oberbürgermeister veranlasst haben könnte, den Stadträten vorzuschlagen, Magdeburg Konkurrenz zu machen, sprich Halle soll sich ebenfalls dafür bewerben, im Jahr 2025 Kulturhauptstadt Europas sein zu dürfen. Da ein Einheimischer, selbst wenn er weder ins Theater noch die Oper geht, das Gefühl hat, in der aufregendsten Stadt Sachsen-Anhalts zu leben, so dass ihm alles, was außerhalb der Stadt passiert (von Leipzig mal abgesehen), völlig egal ist, frage ich mich angesichts der schlechten Erfahrungen, die die Stadt mit Bewerbungen gemacht hat (Stichwort Weltkulturerbe), warum wir uns das wieder antun müssen. Die einzigen Nutznießer werden Touristen, die in der Straßenbahn zu sitzen, sein – am Marktplatz sagt eine Computerstimme zu ihnen „Halle hofft, Sie im Jahr 2025 hier in der Kulturhauptstadt Europas begrüßen zu dürfen.“ (Bitte kommen Sie wegen der teuren Karten, die nur Sie sich leisten können, nicht eher.) Wie ich unseren Oberbürgermeister kenne, hat er die Bänder bereits besprechen lassen. Die Zustimmung der Stadträte, die alles, was ihnen vorgelegt wird, abnicken, ist reine Formsache. Im Oktober dürfen die Hallenser dann den Ansagen lauschen und hoffen, dass Halle den Zuschlag erhält. Da Wiki sich nur damit beschäftigt, wie man Kulturhauptstadt wird, jedoch nicht aufführt, welchen Vorteile es hat, eine zu sein, weiß ich nicht so recht, was ich davon zu halten habe. Die Webseite der derzeitigen Hauptstadt scheint da weiterzuhelfen (400 Veranstaltungen lese ich gerade). Warum San Sebastian mit seinen vielen Sterne-Restaurants, deren Besucher auch dafür zahlen, ungestört dinieren zu können (anders als beim FDGB, der die Urlauber teilweise im Schichtbetrieb essen ließ) sich beworben hat, ist mir jedoch nicht ganz klar. Billig war die Bewerbung sicherlich nicht. Die Magdeburger planen mit 4 Millionen €. Während aber die Landesregierung deren Kampagne unterstützt, müsste Halle das Geld selbst aufbringen. Und dann gibt es noch den schönen Nebeneffekt, dass Halle mit der Bewerbung automatisch die Rolle des Störenfriedes zufällt. Selbst bei einem Sieg, den ich für ausgeschlossen halte, wäre der Unfrieden groß. Womit ich wieder bei unserem Oberbürgermeister wäre, dessen abenteuerlichen Alleingänge Methode habe. Dieser könnte genauso verheerend wie seine „Gefahr für Leib und Leben“-Aktion, an deren Ende von einer einstmals „blühenden Landschaft“ nichts mehr übrig geblieben ist, enden. Während Loriot in seinem Sketch („Das Bild ist schief“) es wenigstens noch schaffte, dieses auszurichten, haben dessen Räumkommandos (Holzfäller, Baggerfahrer etc.) die Saaleschleife dem Erdboden gleichgemacht (der Blog berichtete). Geschadet hat es seiner Popularität wegen der Flutgefahr, die ihm erlaubte, sich als Macher zu präsentieren, nicht. Nun gibt er den Kulturkämpfer, der gegen das Establishment, also die Landesregierung, kämpft. Ein Schelm, wer denkt, es stünden bald Oberbürgermeisterwahlen an.

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