Olympia – keiner merkt, wenn Bolt läuft

Es ist wieder Olympia, und nach gefühlten 10 Olympiaden muss ich feststellen, dass unser Planet denkbar ungeeignet für die Ausrichtung eines Großereignis, das in jedem Land verfolgt wird, ist, wenn dieses in Zeitzonen, in denen die Uhren hinterhinken, über die Bühne gehen sollen. Wegen der Entscheidung des IOCs, meine Lieblingsdisziplinen in der tiefsten Nacht stattfinden zu lassen, bin ich seit gut einer Stunde damit beschäftigt, herauszufinden, ob es eine Möglichkeit gibt, mich näher an Rio heranzubringen. Viel ist mir dazu bisher nicht eingefallen, außer mit Hilfe riesiger Spiegel, die sich im All befinden (vermutlichen müssen die sich mit der Erde mitdrehen), 14 Tage lang in der Umgebung des Zuckerhuts eine künstliche Zeitzone, die statt 5 nur 2 Stunden zurückliegt, zu erzeugen. Gäbe es diesen Zeitzonen-Verschieber, würde ich jetzt nicht vor dem Computer sitzen, sondern mir die Eröffnungszeremonie anschauen (es ist genau 22:05 Uhr). Nach Peking, London und Sotschi auf diese verzichten zu müssen (1:00 Uhr ist arg spät), fällt schwer. Wie angesichts dieses Termins der Veranstalter darauf kommt, 3 Milliarden Zuschauer vor die Fernseher zu locken, ist mir ein Rätsel. Es müssten schon alle, die unmittelbarer Nähe des östlichen Pazifik wohnen, gucken, um diese Zahl zu erreichen. Während die Weltmeisterschaften vor zwei Jahren auf die Europäer zugeschnitten waren, sieht es nun danach aus, als ob diese Olympischen Spiele die Asiaten, speziell jene in Fernost, ansprechen soll. Immerhin ist es bei denen später Nachtmittag, wenn Bolt um seine dritte Goldmedaille rennt. Da kommerzielle Gesichtspunkte darüber entscheiden, wann der schnellste Mann der Welt als Bogenschütze posieren darf, muss das IOC davon ausgehen, dass bei halbwegs passenden Zeiten mehr Asiaten als Europäer schauen, denn bei einem mittleren Temperaturmaximum von 25 Grad Celsius im August würde es den Athleten nichts ausmachen, am frühen Abend zu starten, so dass wir sie live verfolgen könnten. Wer angesichts der Termine nun meint, Europa sei zu einem Fußball-Kontinenten verkommen, liegt nicht ganz falsch. Da die kritischsten und verwöhntesten Zuschauer die Leichtathletikwettkämpfe eh verschlafen, würde es gar nicht aufgefallen, wenn die Russen mitliefen. Leider dürfen die aber nicht ran. Wenigstens kann Harting im Falle des Scheiterns nun nicht behaupten, er sei mental nicht gut drauf gewesen, weil der Gedanke, sein russischer Konkurrent könnte gedopt haben, ihn nicht mehr losgelassen habe. Dass Bolts schärfstes Konkurrent Gatlin bereits mehrfach des Dopings überführt wurde, scheint ihn, der den Ausschluss aller, die je des Dopings überführt wurden, fordert, nicht zu stören. Da Gatlin seine Strafe „verbüßt“ hat, ist es völlig legitim, ihn starten zu lassen. Was für ihn gilt, sollte auch für die Russen gelten. In Sachen Doping hat Bach einen guten Job gemacht (die Zeit hat sich heute wieder auf ihn eingeschossen). Nur bei den Ansetzungen hat er kein glückliches Händchen gehabt. Wer Bogenschießen liebt, kommt dennoch auf seine Kosten. Ich kann nur raten, den Fernseher erst gar nicht anzumachen, da man am Ende der Spiele sich womöglich wirklich noch für diese Sportart begeistern könnte.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert